Teil 2 - Fragestellung, Begrifflichkeit und Methode - Merkmalkataloge - Merkmalkatalog für Längsschnittstudien
2-3-02: Grobstruktur
Bereiche und oberste Kategorien
Frühe graphische Äusserungen werden in der vorliegenden Untersuchung hinsichtlich zweier Bereiche beurteilt: Der eine umfasst
nur Merkmale, die das Graphische selbst betreffen, der andere darüber hinaus Merkmale von Beziehungen des Graphischen zu Nicht-Graphischem.
Der gesamte Apparat ist dabei in zwölf Hauptaspekte und entsprechend in zwölf Oberkategorien gegliedert. Ihnen wurden zusätzliche
Hilfskategorien beigefügt, welche Merkmale betreffen, die während der Klassifikation formuliert und zugeordnet wurden. Daraus
ergibt sich die folgende Gliederung in Bereiche und ihre Oberkategorien:
Graphischer Bereich
Formen (formale Einheiten)
Variationen von Formattributen
Anordnungen von Formen
Farbigkeit
Materialität
Formale Durchführung
Bereich von Verhältnissen des Graphischen zu Nicht-Graphischem
Verbale Bezeichnung des Graphischen
Analogien zu Nicht-Graphischem
Index
Symbolische Bezeichnung des Nicht-Graphischen
Expression
Impression des Graphischen
Während der Verschlagwortung gebildete Gruppierungen
Hilfskategorien
Die in dieser Gliederung erscheinenden Oberkategorien seien nachfolgend kurz erläutert. Eine ausführlichere Darstellung erfolgt weiter unten bei der Beschreibung der einzelnen Bildmerkmale, die zusammen eine Oberkategorie bilden. (Für eine erschöpfende Darstellung siehe Band 3, Teil 4.)
Erläuterungen zum Bereich des Graphischen:
- Alles, worauf sich die Wahrnehmung und das Verstehen eines flächig Erzeugten als solches beziehen, wird Graphisches genannt
(siehe Kapitel 2-1-01).
- Als Formen werden sowohl identifizierbare und sich gegenseitig unterscheidende graphische Elemente wie auch ihre Zusammensetzungen
bezeichnet, im Sinne von elementaren und übergeordneten formalen Einheiten.
- Als Variationen von Formattributen werden Variationen eines Einzelaspekts eines graphischen Elements bezeichnet. Diese Variationen werden so interpretiert, dass sie Varianten einer Einzelform, nicht aber eine neue Einzelform erzeugen.
- Als Anordnungen von Formen werden alle (als intentional interpretierten) Anordnungen von Formen zueinander wie auch zur Zeichenfläche
bezeichnet.
- Als Farbigkeit werden erkennbare Regeln der Farbgebung bezeichnet.
- Als Materialität werden Aspekte des konkret Materiellen bezeichnet.
- Als Formale Durchführung wird ein Bild bezeichnet, in welchem die einzelnen graphischen Aspekte einem vorwiegend graphischen
Gesamtsinn untergeordnet sind (im Unterschied zur Unterordnung von im Bild wesentlichen graphischen Aspekten unter einen vorwiegend
analog motivierten Gesamtsinn, wie dies beispielsweise bei einem «analogen Bildschema» der Fall ist).
Erläuterungen zum Bereich von Verhältnissen des Graphischen zu Nicht-Graphischem:
- Alles, worauf sich flächig Erzeugtes über es selbst hinaus beziehen kann, wird Nicht-Graphisches genannt (siehe Kapitel 2-1-01).
Verhältnisse zu Nicht-Graphischem sind Bezugnahmen von Graphischem zu Nicht-Graphischem.
- Als verbale Bezeichnung des Graphischen wird jede verbale Äusserung einer Autorin oder eines Autors aufgefasst, welche sich
auf das Graphische selbst bezieht und es benennt (im Unterschied zu anderen Beziehungen und Benennungen, welche wir unter
den Aspekten der Analogien, des Index, der Symbolischen Bezeichnung des Nicht-Graphischen, der Expression und der graphischen
Impression behandeln).
- Als Analogien werden alle nachweisbaren differenzierten Entsprechungen von Eigenschaften des Graphischen und Eigenschaften des Nicht-Graphischen, das heisst Eigenschaften von Lebewesen, Objekten, Wahrnehmungen, Gefühlen, Stimmungen, Ideen und Vorstellungen, Gegebenheiten und Ähnlichem bezeichnet. (Auf Grund der Anlage des Bildarchivs bilden hier die Plausibilität des direkten visuellen Eindrucks sowie vorliegende schriftliche Bildkommentare die Grundlage eines jeweiligen Nachweises. Ausgenommen bleiben Indices, Expressionen und graphische Impressionen.)
- Als Index wird jedes physische Verhältnis oder jede andere tatsächliche Verbindung eines Graphischen zu oder mit Nicht-Graphischem
bezeichnet.
- Als Symbolische Bezeichnung des Nicht-Graphischen wird jedes nicht-analoge und nicht-indexikalische Verhältnis des Graphischen zu Nicht-Graphischem bezeichnet. – (Ausgenommen bleiben Expressionen und graphische Impressionen.)
- Als Expression wird jede erkennbare graphische Spiegelung einer psychischen Verfassung bezeichnet.
- Als Impression des Graphischen wird jede erkennbare Wirkung des Graphischen auf die Autorinnen und Autoren während des Erzeugens
und Betrachtens bezeichnet.
Erläuterungen zu den Gruppierungen, welche während der Verschlagwortung gebildet wurden:
- Als Hilfskategorien werden Aspekte zusätzlicher Differenzierungen bezeichnet.
Parallele Zuordnungen, einmalige Zuordnungen
Zur Vermeidung von Unklarheiten bei der Lektüre seien hier allgemeine Hinweise auf Regeln für parallele oder sich gegenseitig
ausschliessende Zuordnungen vorweggenommen.
Alle graphischen Aspekte – Formen, Variationen von Formattributen, Anordnungen, Farbigkeit, Materialität, Formale Durchführung – werden unabhängig davon beurteilt, ob sie in einem Zusammenhang mit verbalen Bezeichnungen des Graphischen oder einem Index oder einer Symbolischen Bezeichnung des Nicht-Graphischen oder einer Expression oder einer Impression des Graphischen stehen oder nicht. Finden sich solche Aspekte von Beziehungen des Graphischen zu Nicht-Graphischem, so werden sie parallel zu den Ersteren beurteilt und klassifiziert. Die Frage möglicher sich gegenseitig ausschliessender Beurteilungen und Klassifikationen stellt sich derart nur für graphische Merkmale, welche Analogiebildungen betreffen.
Formen (mit wenigen Ausnahmen), Variationen von Formattributen und Anordnungen werden unabhängig davon beurteilt, ob sie in
einer Analogie zu Nicht-Graphischem stehen oder nicht. Finden sich analoge Aspekte, so werden sie parallel zu den graphischen
klassifiziert. – Ausnahmen bezüglich der Formen bilden Quasi-geometrische Gliederungen, Strukturen, Muster, Mandalas und Häufig
zitierte Formen: Lassen sich die entsprechenden graphischen Aspekte im Wesentlichen aus einer Analogie ableiten, so werden
nur die analogen Aspekte beurteilt. Besitzen hingegen die graphischen Aspekte einen eigenständigen und über die Analogie massgeblich
hinausgehenden Wert, so werden beide Arten von Aspekten, graphische und analoge, beurteilt.
Farbigkeit und Materialität werden gleich gehandhabt wie Quasi-geometrische Gliederungen, Strukturen, Muster, Mandalas und
Häufig zitierte Formen: Lassen sich die entsprechenden graphischen Aspekte im Wesentlichen aus einer Analogie ableiten, so
werden nur Aspekte von Analoger Farbigkeit oder Analoger Materialität beurteilt. Besitzen hingegen graphische Aspekte einen
eigenständigen und über die Analogie hinausgehenden Wert, so werden beide Arten von Aspekten, graphische und analoge, beurteilt.